Herr Ono ist unbemerkt verstorben. Allein. Es gibt viele wie ihn, immer mehr. Erst wenn es wärmer wird, rufen die Nachbarn die Polizei. Und dann erscheint Herrn Sakai mit dem Putztrupp, zu dem die junge Suzu nun gehört. Sie sind spezialisiert auf solche Kodokushi-Fälle. „Fräulein Suzu“, wie der Chef sie nennt, fügt sich widerstrebend in die neuen Aufgaben. Es braucht dafür viel Geduld, Ehrfurcht und Sorgfalt, außerdem einen robusten Magen. Die Städte wachsen, zugleich entfernt man sich voneinander und häufig verschwimmt die Grenze zwischen Desinteresse und Diskretion.
Suzu lernt schnell. Und sie lernt schnell Menschen kennen. Tote wie Lebendige, mit ganz unterschiedlichen Daseinswegen. Sie sieht Fassaden bröckeln und ihre eigene porös werden. Und obwohl ihr Goldhamster sich neuerdings vor ihr versteckt, ist sie mit einem Mal viel weniger allein.
Milena Michiko Flasar erzählt in einer Sprache, die zwischen flapsig-unverblümt und poetisch-schwebend wechselt. Manche Sätze möchte man nicht mehr hergeben, so schön und ungewöhnlich sind sie. Originell ist der Tonfall, sehr speziell der Inhalt von ihrem neuen Buch und unnachahmlich die Art und Weise, in der uns die Autorin durch diesen fremden Kosmos mit ihren liebenswert verschrobenen Figuren leitet.
Wie schon ihre vorherigen Romane „Herr Kato spielt Familie“ und „Ich nannte ihn Krawatte“ ist auch diese Geschichte der österreichischen Schriftstellerin ein beglückendes Leseerlebnis.
Wagenbach-Verlag 2023 / € 26,00