Ein großes, schmales Debüt mit Tiefgang:
Nene ist Anfang zwanzig, Bademeisterin und hat bereits einige Tiefschläge in ihrem Leben aushalten müssen. Ihre Überlebensstrategie: Bahnen ziehen, versuchen zu vergessen, pragmatisch sein. Dann lernt sie im Schwimmbad Boris kennen, der Puma-Augen hat und ihr nicht sofort an die Wäsche will.
Boris, der an Kinderlähmung erkrankt war, für den es keine Jobs gibt, nur Schimpfwörter oder Mitleid. Der Schmerzen hat und die Welt mit Verachtung behandelt. Ihr erstes Date wird prompt zum Debakel, aber Nene zeckt sich in Boris’ Herz, und er sich in ihres. Er kapituliert vor ihrer Direktheit und ihrem Lebenswillen, sie vor seinem Entschluss, sein Mädchen glücklich zu machen. Boris wird sie anlügen, er wird sie hängenlassen. Ihre Liebe ist wie jede Liebe: nicht perfekt. Aber sie berührt beide auf eine Weise, die sie vergessen oder nie gekannt haben.
Annika Büsing erzählt in ihrem Debüt eine herzzerreißende und gleichzeitig aufgeraute Liebesgeschichte. Oft krass direkt und lakonisch, manchmal humorvoll und auf eine verstörende Art unterhaltsam.
Seite für Seite gewinnt die Geschichte an Tiefe und am Ende muss auch die (mit-)abgetauchte Leserschaft erst einmal durchatmen. Das ist großes Kino.
Steidl-Verlag 2022 / € 20,00