Was für ein wunderschönes, trauriges und gleichzeitig kraftvolles Romandebüt!
Erzählt wird die Geschichte zweier Schwestern, die mit ihrer kranken Mutter in einer Kleinstadt leben: Tilda, die ältere der beiden, führt einen eng getakteten Arbeitstag zwischen Uni-Studium, Supermarktjob und der Aufgabe, die Familie zusammen zu halten.
Allein die gewohnheitsmäßigen 22 Bahnen im Becken des örtlichen Schwimmbads bringen ihr Entspannung und Ablenkung trotz der Sorge um ihre kleine Schwester Ida, die so kunstvoll zeichnet und gerne Geschichten erfindet. Beide sind den Launen und wechselnden Lovern der Mutter ausgesetzt und ertragen es, vergeblich auf Besserung hoffend.
Je näher die Entscheidung für Tilda rückt, nach Berlin zu ziehen um ihr Studium abzuschließen, desto drängender wird ihr Unbehagen, die 10jährige Ida alleine mit der unzuverlässigen Mutter zurückzulassen. Zumal mit Viktor, dem älteren Bruder eines früheren Freundes, noch eine ganz und gar unerwartete weitere Gefühlsirritation in ihr Leben tritt.
Das Buch lebt von den wundervoll gedachten Zwiegesprächen zwischen den Protagonisten:innen und einem Humor, der die manchmal tragischen Geschehnisse aufbricht und sie so erträglich macht.
Caroline Wahl hat einen Entwicklungsroman geschrieben, der fein beobachtet, ohne voyeuristisch zu sein. Der empathisch ist, ohne gefühlig abzudriften und der eine Liebesgeschichte entstehen lässt ohne trivial zu werden. Chapeau!
DuMont-Verlag 2023 / € 22,00