Facettenreich, vielschichtig, fesselnd – all das ist der neue Roman von Fatma Aydemir, die Geschichte einer türkischen Einwandererfamilie zwischen alter und neuer Heimat, mit Verve und Spannung erzählt.
Mit dem plötzlichen Tod des Familienoberhauptes Hüseyin beginnt das Buch, ein höchst überraschender Einstieg. In der Türkei seinerzeit zur Arbeit für eine deutsche Fabrik angeworben hat er ein gleichermaßen entbehrungsreiches wie anstrengendes Leben in Deutschland gelebt, seine Familie umsorgt und so sparsam gewirtschaftet, dass er sich nun im Rentenalter eine Wohnung in Istanbul kaufen kann, um den Lebensabend dort – so seine Wunschvorstellung – mit Ehefrau und den erwachsenen Kindern erleben zu können. Dass er nun ausgerechnet dort bei den letzten Einrichtungsarbeiten stirbt, ist für seine Frau und Kinder unfassbar und sie alle kommen auf unterschiedlichen Wegen an dem ihnen noch unbekannten Ort zur Beerdigung des Vaters zusammen.
Die sehr unterschiedlichen Charaktere der Familie machen den unwiderstehlichen Reiz des Romans aus und jedem der Personen ist ein Kapitel gewidmet: dem Vater Hüseyin selbst, seinen Söhnen Hakan und Ümit und den Töchtern Sevda und Peri sowie abschließend seiner Frau Emine. Stück für Stück enthüllt sich der Leserschaft so eine Familie mit Untiefen und Brüchen. Die titelgebenden Flaschengeister können, einmal freigelassen, nur schwer wieder eingefangen werden.
Das Buch der Berliner Journalistin und Autorin Fatma Aydemir hat mich durch seine Vielschichtigkeit und die sprachliche Klarheit beeindruckt. „Dschinns“ wäre bereits jetzt mein erster Wunschtitel für die Longlist des Deutschen Buchpreises 2022.
Hanser-Verlag 2022 / € 24,00